Gemeinderat lehnt Thuner Velo-Initiative ab

6. März 2024
Die Thuner Velo-Initiative will, dass die Stadt binnen zehn Jahren ein mindestens 25 Kilometer langes Velohauptroutennetz realisiert. Der Gemeinderat hat Verständnis für das Anliegen, lehnt die Initiative hingegen ab, weil er das Vorgehen nicht als zielführend und realisierbar erachtet. Der Gemeinderat will den Veloverkehr stattdessen im Rahmen des Gesamtverkehrskonzeptes fördern und ausbauen.

Am 6. Juli 2023 wurde die Gemeindeinitiative «Sichere Velorouten für Thun» (Thuner Velo-Initiative) eingereicht. Die Initiative will, dass die Stadt Thun binnen zehn Jahren ein mindestens 25 Kilometer langes Velohauptroutennetz realisiert (Wortlaut vgl. Infobox). Der Gemeinderat hat Verständnis für das Anliegen der Initiative, zumal er sich für diese Legislatur zum Ziel gesetzt hat, das Fuss- und Veloverkehrsnetz auszubauen. Diverse Massnahmen setzte die Stadt bereits um. Zahlreiche weitere sind im Gesamtverkehrskonzept 2035 festgehalten und in Planung. In den kommenden Jahren entstehen damit – auch ohne Initiative – weitere, attraktivere und sichere Veloverkehrsverbindungen. Die Grundidee der Initiative deckt sich mit der Stossrichtung des Gesamtverkehrskonzeptes. Den von der Initiative vorgegebenen Zeithorizont sowie das Vorgehen erachtet der Gemeinderat dagegen nicht als zielführend und realisierbar. Deshalb beantragt der Gemeinderat dem Stadtrat die Ablehnung. Das Parlament befindet am 21. März 2024 darüber.

Verkehrsplanung ist ganzheitlich zu betrachten

Der mit dem Gesamtverkehrskonzept eingeschlagene Weg ermöglicht Thun eine nachhaltige Stärkung des Veloverkehrs im Rahmen eines funktionierenden Gesamtverkehrs. Diese Vorgehensweise erachtet der Gemeinderat als zweckmässiger als die Initiative. Die Umsetzung der Initiative bedeutete eine einseitige Priorisierung des Veloverkehrs gegenüber dem Fussverkehr, dem öffentlichen Verkehr und dem motorisierten Individualverkehr. Verkehrsplanung ist jedoch immer ganzheitlich und über alle Verkehrsteilnehmende zu betrachten.

Die Netzlänge der Velohauptrouten liegen im Gesamtverkehrskonzept und in der Initiative in derselben Grössenordnung, bei rund 25 Kilometern. Das Gesamtverkehrskonzept bleibt hingegen offener und legt keine fixe Realisierungsfrist fest. Zehn Jahre für die Umsetzung der Initiative sind zu kurz. Es stellt bereits eine grosse Herausforderung dar, ein einzelnes Grossprojekt mit umfangreichen Landerwerben von der Machbarkeitsstudie bis zur Realisierung binnen zehn Jahren umzusetzen. Zahlreiche Einzelprojekte über eine Gesamtstrecke von 25 Kilometern sind in dieser Zeitspanne nicht zu realisieren.

Situationsgerechte Lösungen sind zielführender

Der Initiativtext gibt vor, die Velohauptrouten nach Möglichkeit von Fuss- und motorisiertem Individualverkehr getrennt zu führen. Zudem sollen die Velohauptrouten als Radwege, Velostrassen oder in Ausnahmefällen als Radstreifen angelegt sein (Fachbegriffe vgl. Abstimmungsbotschaft). Das Potenzial für zusätzliche Radwege und Radstreifen in der Stadt Thun ist aus Platzgründen begrenzt. Daher müsste die Initiative hauptsächlich mit Velostrassen umgesetzt werden, was die Ausweitung von Tempo-30-Zonen und die Aufhebung von Parkfeldern zur Folge hätte. Das Gesamtverkehrskonzept schreibt die Art der Veloführung im Gegensatz zur Initiative nicht vor und lässt somit mehr Spielraum für situationsgerechte Lösungen.

Bereits grössere Veloprojekte geplant

Acht grössere Veloprojekte (mit einer Gesamtstreckenlänge von rund 7.5 km) sind in Thun gegenwärtig geplant und stehen bald vor der Umsetzung. Dazu gehören Grossprojekte wie die Fuss- und Veloverkehrsverbindung Bahnhof-Selvequartier-Schwäbis und der Ausbau der Velohauptroute Burger- und General-Wille-Strasse. Daneben sieht das Gesamtverkehrskonzept 2035 der Stadt Thun weitere 15 Velomassnahmen (mit einer Gesamtstreckenlänge von rund 12 km) vor, die in den kommenden Jahren projektiert und in den Agglomerationsprogrammen finanziell gesichert werden. Bei Annahme der Initiative müssten jene Veloprojekte sistiert werden, die kaum Einfluss auf die Streckenlänge haben und dadurch keinen Beitrag zum Erreichen der Kilometer-Ziele der Velo-Initiative leisten. Beispiele dafür sind die geplante Fuss- und Veloverbindung Bahnhof-Thunerhof (Panoramabrücke) oder neue Veloabstellanlagen im Bereich Bahnhof. Aus Personalressourcengründen wäre mit Sistierungen weiterer Verkehrsprojekte zu rechnen.

Stimmbevölkerung entscheidet im Juni

Der Gemeinderat beantragt dem Stadtrat, die Initiative aus den genannten Gründen abzulehnen und sie den Stimmberechtigten ohne Gegenvorschlag zu unterbreiten. Folgt das Parlament dem Antrag, entscheiden die Stimmberechtigten am 9. Juni 2024 über die Velo-Initiative.

 

Wortlaut der Initiative
«Gestützt auf Artikel 22 ff. der Stadtverfassung verlangen die in der Gemeinde Thun stimmberechtigten Unterzeichnenden in Form des ausgearbeiteten Entwurfs folgende Änderung des Reglements über eine nachhaltige städtische Mobilität (Mobilitätsreglement):
Art. 8 Rollender Verkehr – 1. Veloverkehr
Abs. 3 (neu)
Die Stadt realisiert bis spätestens zehn Jahre nach Inkrafttreten dieser Bestimmung ein mindestens 25 km langes Velohauptroutennetz. Dieses besteht aus sternförmigen sowie tangentialen Velohauptrouten, die nach Möglichkeit von Fuss- und motorisiertem Individualverkehr getrennt geführt werden. Die Velohauptrouten werden als Radwege, Velostrasse oder in Ausnahmen auf Radstreifen geführt. Der Gemeinderat informiert bis zum Erreichen dieses Ziels jährlich in geeigneter Form über den Zwischenstand.»

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Dokument: Beilage zum SRB - Auflistung von Massnahmen mit Bezug zum Ve Download 2 Dokument: Beilage zum SRB - Auflistung von Massnahmen mit Bezug zum Ve
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